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Auf Amrum wird ab und an Hochdeutsch gesprochen, besonders im Sommer und der Touristen wegen. Doch weit verbreiteter ist die Nordfriesische Sprache. Nordfriesisch wird neben Amrum auch auf Föhr, Sylt und auf den Halligen, sowie auf Helgoland gesprochen. Insgesamt sind des Nordfriesischen etwa 10.000 Menschen mächtig und wer genau hinhört, wird zehn verschiedene Dialekte ausmachen können.
Eigentlich eine berechtigte Frage, denn das Friesische ist mit dem Englischen eng verwandt. Früher wurden beide Sprachen der anglo-friesischen Sprachfamilie untergeordnet. Heute zählt man sowohl Friesisch, als auch Englisch zu den nordseegermanischen Sprachen. Grob unterteilen lässt sich Nordfriesisch in Inselnordfriesisch und Festlandnordfriesisch. Genau definiert lautet der Amrumer Dialekt: Föhr-Amrumer Friesisch. Der Amrumer Dialekt ist älter als das Festlandfriesisch. Die Inseln wurden bereits um 800 besiedelt, das Festland etwa drei Jahrhunderte später. Der Amrumer Dialekt unterliegt jütischen Einflüssen. Dieser dänische Dialekt wurde im einstigen Herzogtum Schleswig entlang der deutsch-dänischen Grenze gesprochen.
Wenn die Amrumer unter sich bleiben wollen, dann sprechen sie Öömrang und wer nicht zu den 600 Insulanern gehört, die das Amrumer Friesisch beherrschen, der versteht garantiert nur Bahnhof. Der Amrumer Dialekt ist eine Mischung aus englisch, niederländisch, niederdeutsch, germanisch und jütisch. Wortverwandtschaften sind bei “kai” für Schlüssel oder “efter” für noch zu erkennen. Wer des Niederländischen mächtig ist, wird in “kop” die Tasche wieder erkennen oder wissen, dass “eilun” für Insel steht. Für alle anderen Nicht-Öömrang-Sprecher gilt, lauschen und auf eine Übersetzung hoffen.
Das Biikebrennen ist in Nordfriesland ein traditionelles Volksfest. Alljährlich am 21. Februar werden Feuer entzündet, um den Winter zu vertreiben. Der Brauch stammt vermutlich aus dem Mittelalter, als man sich vor bösen Geistern zu schützen suchte. Auf den friesischen Inseln wurden einst die Walfänger mit den Biikefeuern nach dem Winter wieder aufs Meer verabschiedet. Verbrannt wird meist die ausgediente Weihnachtsdekoration. Am Vorabend des Petritages wird am Amrumer Strand das traditionelle Feuer entfacht. Die Menschen schwärzen sich ihre Gesichter mit Ruß. Anschließend wird ausgelassen gefeiert und man trifft sich zum Grünkohlessen.
Dieser eigenständige Brauch findet auf Amrum an Silvester statt. Junge Leute ziehen in das Gesicht unkenntlich gemachten Verkleidungen von Haus zu Haus. Die Bewohner müssen nun erraten, welcher Amrumer sich hinter der Verkleidung verbirgt. Wer die Hulken erraten hat, verköstigt sie, abhängig vom Alter, mit Süßigkeiten oder Hochprozentigem. Verlassen die Hulken das Haus, dann wünschen sie den Bewohnern ein Gesegnetes Neues Jahr, was sich auf Amrumer Friesisch wie folgt anhört: “Seegent nei juar!” Hulken ist allein auf Amrum üblich. Abwandlungen finden sich in Norddeutschland mit dem Rummelpottlaufen. Auf Föhr ist die Bezeichnung Rummelrotje gebräuchlich.
Seit der Tourismus auf der Insel Einzug gehalten hat, hat sich Amrum mehr und mehr dem Fremdenverkehr geöffnet. Die Einwohner beweisen, dass sich hinter der von Meer und Wind gekerbten Schale ein weicher Kern verbirgt. Wer die Lebensart der Insulaner verstehen möchte, muss sich auf die Amrumer einlassen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Dies ist möglich, wenn die Bewohner vom unverständlichen Öömrang ins Hochdeutsche wechseln. Doch bei aller Weltoffenheit, ihre Eigenständigkeit ist den Insulanern wichtig. Neben der Sprache, die selbst für die benachbarten Sylter kaum zu verstehen ist, haben sich die Amrumer auch ihre eigene Tracht bewahrt. Hin und wieder vollziehen sie die aufwendige Prozedur des Trachtanlegens nicht nur an Festtagen, sondern auch, um Touristen ihre Heimatverbundenheit zu demonstrieren.
Die Amrumer lieben ihre Insel und dies völlig zu Recht, schließlich besitzen sie mit ihrem “Kniepsand” den breitesten Strand in ganz Europa. Hoch hinaus geht es auf Amrums Leuchtturm, dem höchsten begehbaren Leuchtturm an der Nordseeküste. Ebbe und Flut prägen den Herzschlag der Insel ebenso, wie die romantischen Friesenhäuser hinter dem Deich und der dampfende Friesentee in den Pötten. Die Amrumer sind Optimisten, die gelernt haben, sich mit den Gezeiten und auch den Touristen zu engagieren. 10.000 Gästebetten stehen zur Verfügung und somit sind die Urlauber längst Teil der Amrumer Lebensart geworden. Doch manchmal möchten die Amrumer gern einfach unter sich sein. Dann treffen sie sich zum Hualewkjonken, einem alten Seemannsbrauch und unterhalten sich in der schummrigen Abenddämmerung vielleicht über Zeiten, als es noch keine Feriengäste gab und die Amrumer Lebensart noch eine ganz andere war.